Ein grüner Nibelungenplatz für Tulln
Ein umfassender Bürgerbeteiligungsprozess macht den Nibelungenplatz zu einem der interessantesten Stadtplanungsprojekte.
- Zusammenfassung: Entsiegelung und Anwenden des Schwammstadt-Prinzips. Zwischen Donau und Rathaus wurden rund 8.000 m² Fläche entsiegelt, auf der zuvor 211 Parkplätze waren. Bäume wurden gepflanzt, die jedes Jahr mehr Schatten spenden werden, Staudenbeeten angelegt zur Speicherung von Niederschlagswasser, der Klostergarten wiederbelebt. Die ehemalige Hitzeinsel der Innenstadt ist nun eine grüne Fläche, auf der man sich wohlfühlt.
- Projektlaufzeit: Dezember 2021 (Volksbefragung) bis Juni 2024 (Baufertigstellung). Vor der Befragung 1 Jahr intensive Vorbereitungsphase.
- Errichtungszeit: Mai 2023 bis Juni 2024
- Kosten: ca. 5 Mio. Euro
- Förderungen: Förderung in Höhe von 30% der gesamten Errichtungskosten durch das Land NÖ. LEADER-Förderung eingereicht von rd. 148.000,- Euro
- Finanzielle Unterstützung durch LEADER-Förderung, RU Raumordnung Land NÖ, NÖ Stadterneuerung, Natur im Garten, Bedarfszuweisungen Land NÖ, KLAR (Klima AnpassungsModellRegion), Bundesdenkmalamt (f. archäologische Grabungen), Blau-Gelber Bodenbonus
Als Reaktion auf die spürbaren Klimaveränderungen hat sich die Stadt Tulln intensiv mit den Themen Mobilität, Hitze und Biodiversität auseinandergesetzt. Die Umgestaltung des Nibelungenplatzes ist ein gelungenes Ergebnis dieser Arbeit. So schuf die Stadt mehr öffentliche Grünflächen und installierte Maßnahmen zur Luftbefeuchtung, um das Entstehen von Hitzeinseln im Ortszentrum zu vermeiden. Außerdem wurden mit dem Mobilitätskonzept zahlreiche PKW-Stellplätze gestrichen, was dem gesamten Platz ein völlig neues Erscheinungsbild verleiht.
Mit Bürgerbeteiligung zum klimafitten Platz
Der Nibelungenplatz liegt in Tulln an der Donau direkt im Zentrum an der beliebten Donaulände. Er war früher der Garten eines Minoritenklosters, das 2007 zum Rathaus umfunktioniert wurde. Dieser Platz ist ein wichtiges Bindeglied zwischen der Donaulände und zwei Gehminuten entfernten Hauptplatz. Bisher wurde er hauptsächlich zum Parken genutzt. Da rund 90 % der Flächen versiegelt waren, wurde er im Hochsommer zu einer sogenannten „Urban Heat Island“, die Anrainerinnen und Anrainer Nächte ohne Abkühlung bescherte, und die Hitze weiter in die Innenstadt trug.
Im Dezember 2021 haben sich die Bürgerinnen und Bürger der e5-Stadt Tulln dazu entschlossen ihre Gemeinde für die Klimakrise zu rüsten.
Motto „Gemeinsam Platz machen“
Die Stadtgemeinde lud die 14.500 Einwohnerinnen und Einwohner zu einem breit angelegten, acht Monate dauernden Beteiligungsprozess mit mehreren Phasen ein. Dadurch konnten die Bürgerinnen und Bürger aktiv ihre Ideen einbringen.
Der Wunsch nach einem vielfältig genutzten, grün gestalteten Ort mit hoher Aufenthaltsqualität entstand sehr schnell. Bei der anschließenden Volksbefragung stimmten rund 60 % für die klimafreundlichste Variante, die eine vollständige und klimafitte Neugestaltung des Platzes umfasst. So entstand neben dem Rathaus eine große, flexibel nutzbare Zone mit Stellplätzen.
Klimafitte Maßnahmen für mehr Aufenthaltsqualität
Die Stadt Tulln setzt mit der Umgestaltung ihres Zentrums neue Maßstäbe in der Klimaanpassung. Dafür entsiegelt sie Parkplätze und pflanzt gezielt Einzelbäume, Baumgruppen, Alleen und Hecken. Dort, wo früher großflächig asphaltierte Parkplätze für rund 200 Fahrzeuge standen, ist eine flexible Nutzungszone, eine Esplanade sowie eine Aupromenade entstanden. Zusätzlich wurde der ehemalige Klostergarten wiederbelebt.
Diese Veränderungen bieten der Bevölkerung eine hochwertige Fläche für Erholung und Freizeitgestaltung, während gleichzeitig einige Parkplätze erhalten bleiben. Die e5-Stadt Tulln zeigt mit diesem Projekt eindrucksvoll, wie nachhaltige Gestaltung das Stadtklima verbessert und die Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner steigert – wie auch das folgende Video zeigt:
Platz mit Zukunft
Dieser Platz mit geringer Aufenthaltsqualität ist nun das Schmuckstück von Tulln, die Visitenkarte der Gartenstadt. Expertinnen und Experten von Nah und Fern kommen, um sich das geglückte Entsiegelungsprojekt anzusehen. Damit der Baumbestand vital bleibt, und sich große Kronen entwickeln können, wurde mehr Wurzelraum mittels Schwammstadt-Prinzip errichtet.
Der Platz ist nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern auch weiterhin für Großveranstaltungen wie Wein.Findet.Stadt, Silent Cinema und die beliebten Jazzfeste. Selbst die Reduktion der Stellflächen auf 55 Parkplätze wurde positiv aufgenommen. Ein externer Verkehrsplaner hat die Parksituation mit den drei nahegelegenen Parkgaragen geprüft und optimiert.
Dieses innovative Projekt wurde 2023 mit dem VCÖ-Mobilitätspreis Österreich für „Zukunft jetzt gestalten!“ als Siegerprojekt ausgezeichnet und zeigt eindrucksvoll, wie urbane Flächen nachhaltig und zukunftsorientiert gestaltet werden können.
