Wald der Zukunft
Um die klimatischen Herausforderungen zu meistern, gilt es jetzt an den richtigen Schrauben zu drehen. Wälder brauchen viel Zeit um sich anzupassen.
Wälder haben für uns Menschen eine essentielle Bedeutung. Als CO2-Senken, Sauerstoffproduzenten, Rohstofflieferanten, Kühlung, Bodenschützer und Wasserspeicher spielen sie eine enorm wichtige Rolle. Sie sind Wirtschafts- und Erholungsräume, unersetzlich für die Erhaltung der Biodiversität sowie für Temperatur- und Klimaregulation. Gleichzeitig bieten sie Schutz vor Naturgefahren und sind Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen.
Die Erhaltung oder Wiederherstellung eines vitalen, naturnahen, klimafitten Waldes ist daher eine der wichtigsten und grundlegendsten Aufgaben bei der Klimawandelanpassung.
Die Leistung des Waldes in Zahlen
In Österreichs Wäldern sind rund 3,6 Milliarden Tonnen CO2 gebunden. Das ist mehr als die 40-fache Menge CO2, die in unserem Land jährlich ausgestoßen wird. Jede Sekunde wächst 1 Kubikmeter Holz in Österreichs Wald nach und bindet damit 250 kg Kohlenstoff, umgerechnet also fast 1 Tonne CO2 pro Sekunde.
Laut eines ORF-Interviews mit Hubert Hasenauer, Leiter des Instituts für Waldbau an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien, kann ein Hektar Wald bis zu 60.000 Liter Wasser an einem Sommertag verdunsten. Der Wald ist also eine natürliche Klimaanlage – auch für die Umgebung.
42 % der österreichischen Waldfläche, vor allem in Bergregionen, erfüllen eine wichtige Schutzfunktion. Sie bewahren Menschen, Siedlungen und Infrastruktur vor Elementargefahren und sind durch die Klimakrise besonders betroffen.
Herausforderungen für Wälder
Die Klimaerhitzung und die fortgeschrittene Zerstörung der Ökosysteme fordern Wälder und Forstwirtschaft gleichermaßen. Wegen der langen Produktionszeiträume können Wälder auf Veränderungen nicht kurzfristig reagieren. Vielen Altersklassenwäldern fehlen Arten- und Strukturvielfalt, Naturverjüngung und alte Bäume, intakte Böden, Humus, sowie Totholz. Sie sind zerschnitten von Forststraßen und Rückegassen und in Kontakt mit trockenen Offenlandschaften, die sich stark erwärmen. Wassermangel, Dürren, Hitzewellen, Sturmschäden und Waldbrände sind bereits jetzt große Herausforderungen, und werden laut Prognosen an Intensität zunehmen.
Waldbewirtschaftung anpassen
Rund ein Viertel der Wälder sind für ihren Standort ungeeignete, naturferne Fichtenmonokulturen. Diese Forste sind infolge der Trockenheit und Dürre sowie der Borkenkäferattacken besonders betroffen. Das radikale Entfernen des Holzes auf den Schadflächen führt zur Erhitzung der Böden und erschwert die Wiederbewaldung. Um Jungbäume zu schützen sollten käferfreie Bäume, also bereits abgestorbene Stämme, unbedingt im Bestand verbleiben – eine Praxis die sich in Deutschland bewährt hat. Tote Stämme speichern Wasser, sorgen für Schatten, und wenn sie schließlich umfallen, schützen sie den Jungwald vor Wildverbiss.
Rund 50% der Fläche Österreichs ist mit vier Millionen Hektar Wald bedeckt, davon sind rund die Hälfte Fichtenkulturen. Diese haben sich in den letzten 10 Jahren von 57% auf einen Anteil von 46 % verringert. In niedrigen Lagen kämpfen sie schon lange mit Hitze und Trockenheit, das Problem hat sich nun bis zur Baumgrenze hinauf verschoben. Trockenresistente Baumarten wie Zerr- und Traubeneiche, Winterlinde, Weißkiefer, Elsbeere und Feldahorn sind die Hoffnungsträger der Zukunft. Angepasste Baumarten zu finden, eventuell nicht heimische Arten einzubringen, ist ein umstrittenes Thema mit dem sich aktuell viele Expertinnen und Experten beschäftigen.
Mit Vielfalt für die Zukunft gewappnet
Für den klimafitten Wald müssen jetzt die richtigen Maßnahmen ergriffen werden. Nur naturnahe Wälder können sich der Klima- und Naturkrise anpassen. Dazu zählen
- Anpassung der Baumartenzusammensetzung an die Standortbedingungen
- Zielgerichtete Naturverjüngung: Verjüngung der Bestände mit standortgerechten, zukunftsfitten Baumarten
- Schutz vor Wildschäden wie Verbiss und Verfegen durch gezielte Wildstandsregulation
- Adaption der Pflegemaßnahmen, um das gesunde Altern des Bestandes zu sichern
- Schutz alter Wälder als Biodiversitätsstrategie, z.B. National- oder Biosphärenparks, Wildnisgebiete oder Naturwaldreservate
- hoher Totholzanteil im Bestand: er agiert als Lebensraum für Tiere und Pflanzen, Nährstoff-, Kohlenstoff- und Wasserspeicher
Aus heutiger Sicht weiß niemand mit Sicherheit, welche Baumarten die Klimakrise am besten bewältigen. Es gilt daher uniforme Fichtenreinbestände in natürlichere, artenreiche Mischwälder umzuwandeln. So erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass zumindest eine Baumart mit den neuen Störungen besser zurecht kommt.
Wildschäden mindern
Der am stärksten unterschätzte Faktor für die positive Entwicklung naturnaher Waldbestände ist der Wildverbiss. Der Fraß der Keimlinge von Laubbaumarten und Tannen bedroht die natürliche Waldverjüngung. Durchmischte, artenreiche Waldgesellschaften können nicht entstehen, wenn es zu viel Schalenwild im Wald gibt. Verbissschäden können durch die Anlage von Mehrnutzenhecken und Äsungsstreifen im Wald verringert werden. Äsungsstreifen bilden zusätzlichen Lebensraum für schützenswerte Insekten und Bestäuber, und tragen hiermit zur Erhöhung der Biodiversität in unseren Wäldern bei.
Der NÖ Landesjagdverband fördert – unterstützt von EVN und LAFO – Beratung, Planung (zu 100 %) und Anpflanzung von Hecken und Feldgehölzen, fruchttragenden Bäumen, Verbissgehölzen (70 % der Pflanzgutkosten) sowie Baumschutzsäulen als Fege- und Verbissschutz im Rahmen der Wildökoland-Aktion.